Der Hackroboter erkennt den Salatkopf
Bildcredits: Patrick Stoll
Auf der Swiss Future Farm unterziehen Experten landwirtschaftliche Zukunftstechnologie dem Praxistest. Sie wollen herausfinden, welche smarten Technologien am besten funktionieren. Im Fokus stehen dabei Pflanzen- und Tiergesundheit, ein effizienter Umgang mit Ressourcen und die Entlastung von Landwirtinnen und Landwirten.
Wie sieht die Zukunft der Landwirtschaft aus? Mit dieser Frage beschäftigen sich die Mitarbeitenden der Swiss Future Farm. Der Landwirtschaftsbetrieb liegt direkt neben einem ehemaligen Zisterzienserkloster aus dem 13. Jahrhundert im beschaulichen Tänikon im Kanton Thurgau. Getragen wird die Swiss Future Farm von mehreren Partnern aus den Kantonen Schaffhausen und Thurgau: Dem US-amerikanischen Landmaschinenhersteller AGCO mit Sitz in Neuhausen am Rheinfall, der GVS Agrar AG aus Schaffhausen und dem Landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg des Kantons Thurgau.
Technologie im Test
«Wir testen hier neuartige, marktreife Smart-Farming-Technologien in der Praxis», erzählt Roman Gambirasio, Technikverantwortlicher der Swiss Future Farm. Dazu bestellen und ernten sie die betriebseigenen Äcker und versorgen den Viehbestand. 81 Hektar landwirtschaftliche Fläche sowie Rinder, Milchkühe und Schweine gehören zur Farm. Ziel ist es herauszufinden, welche Technologien wie funktionieren und welche den Landwirtinnen und Landwirten bei der Arbeit tatsächlich eine Hilfe sind. Denn längst nicht alles, was entwickelt wird, bewährt sich später im Einsatz.
Die Anforderungen sind je nach Einsatzgebiet sehr verschieden. «Soll zum Beispiel ein Roboter im konventionellen Ackerbau in Osteuropa oder Russland eingesetzt werden, muss er bezüglich Grösse und Flächenleistung ganz anders konzipiert sein, als wenn er in der Schweiz im Bio-Maisanbau eingesetzt wird», erzählt Gambirasio. «Umso länger ich ihn auf einem Feld arbeiten lassen kann, desto rentabler ist er. Aktuell kann noch kein Roboter selbstständig auf das nächste Feld wechseln.» Auf der Swiss Future Farm wird bereits in der zweiten Saison ein Robotti 150D vom dänischen Hersteller Agrointelli zum Säen und Pflegen verschiedener Kulturen eingesetzt.
Autonome Ackergeräte
Während zum Beispiel satellitengesteuerte Lenksysteme für Traktoren in der Praxis helfen, sich voll auf das Anbaugerät zu konzentrieren und so die Qualität der Arbeit erhöhen, stossen rein autonome Ackergeräte aktuell noch an Grenzen. «Die Arbeitsqualität autonomer Geräte ist bislang oft nicht gleich hoch, als wenn die Landwirte selbst mit dem Traktor unterwegs sind», so Gambirasio. Die meisten Roboter erfüllen zwar wichtige Sicherheitsaspekte wie beispielsweise das Erkennen von Hindernissen. Mit sich ändernden Bodenbedingungen und anderen Problemen können sie hingegen noch nicht umgehen. «Wenn ein Fahrer auf der Maschine ist, kann dieser einen verklemmten Stein entfernen oder einer nassen Stelle ausweichen», so Gambirasio.
Echte Erleichterung
Bewährt habe sich bis jetzt vor allem der Einsatz von Robotern im Gemüseanbau. Hackroboter funktionierten gut. «Die Roboter können mit Hilfe einer Kamera den Salatkopf erkennen und exakt um ihn herumhacken», erläutert Florian Abt, Datenspezialist der Swiss Future Farm. Bei dieser arbeitsintensiven Tätigkeit seien die Roboter eine echte Erleichterung. Zudem müssten so keine Herbizide zum Einsatz kommen, was den Bio-Anbau vereinfacht. Anders als beim Ackerbau gibt es im Bereich der Tierhaltung bereits etliche automatisierte Systeme, die sich in der Praxis bewährt haben. Hier ist auch das Angebot am grössten. Seit bald 20 Jahren sind Melkroboter am Markt verfügbar. Statt die Kühe zu melken, können die Landwirte ihre Zeit flexibler einteilen und sich stärker der Pflege der Tiere widmen. Auch für die Kühe hat das automatische Lenksystem einen grossen Vorteil. Sie können nämlich immer dann zum Melken gehen, wenn sie möchten.
Mehr Daten für mehr Effizienz
Beim Smart Farming geht es aber nicht nur um die Erleichterung der physischen Arbeit auf dem Acker und im Stall. Jeder landwirtschaftliche Betrieb muss auch Daten erheben und auswerten. Sei es, um einen Überblick über die Kosten zu behalten, oder um rechtliche Auflagen bei der Dokumentationspflicht zu erfüllen. «Wir testen gerade ein Produkt, dass die Daten des Traktors direkt bei der Arbeit auf dem Acker in das zentrale Datenmanagementsystem des Betriebes überträgt, um so die Arbeitsabläufe zu verbessern», sagt Abt. Umfassende Daten zum Einsatz von Düngermitteln, Saatgut oder Futtermitteln für die Tiere sollen helfen, die Mengen zu optimieren. Auch wenn die Technik nicht immer die beste Lösung sei, sind sich die Experten der Swiss Future Farm einig, dass dem Smart Farming die Zukunft gehört. Das grösste Potenzial sehen sie dabei im Bereich Ressourceneffizienz. «Wir werden künftig mit gezielterem Düngereinsatz und einem Bruchteil an Pflanzenschutzmitteln eine bessere Pflanzengesundheit erreichen.»
Inken De Wit
Swiss Future Farm
Betriebsgrösse
• 81 ha landwirtschaftliche Nutzfläche
• 55 ha Ackerkulturen
• 20 ha Naturwiese
• 6 ha Biodiversitätsflächen
Milchviehstall
• 65 Milchkühe
• 2/3 Braunvieh, 1/3 Red Holstein und Holstein
Schweinestall
• 60 Zuchtschweine
• 1 Eber
• 120 Mastplätze
• 200 Aufzuchtplätze
• 18 Abferkelbuchten