Die Landwirtschaft wird smart und digital
Smarte Technologien helfen, die Landwirtschaft nachhaltig und zukunftsfähig zu machen. Wie das funktioniert und welche Projekte es im Kanton Schaffhausen gibt, erzählt Markus Leumann, Leiter des Landwirtschaftsamts.
Hightech und Digitalisierung halten immer mehr Einzug in die Landwirtschaft von heute. Nichts erinnert mehr an das Klischee der Bäuerinnen und Bauern, die mit Sensen aufs Feld zogen und die Mistgabel schwangen. Selbst die Traktoren scheinen nur von aussen seit Jahren unverändert. Displays und Elektronik im Inneren müssen längst nicht mehr den Vergleich mit modernen E-Autos scheuen.
«Mit neuen Technologien lässt sich die landwirtschaftliche Produktion nachhaltiger gestalten.»
Markus Leumann, Leiter Landwirtschaftsamt Kanton Schaffhausen
Tatsächlich dient all die Technik nicht dem Selbstzweck. «Die Landwirtschaft muss heutzutage ganz verschiedene Bedürfnisse befriedigen», erläutert Markus Leumann, Leiter des Landwirtschaftsamts des Kantons Schaffhausen. «Es reicht nicht mehr, die Versorgung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Hinzu kommen Themen wie der sorgsame Umgang mit den Ressourcen, gesellschaftliche Ansprüche an Umwelt- und Tierschutz oder die Herausforderungen des Klimawandels.» Zudem müsse die Landwirtschaft auch in Zukunft wirtschaftlich rentabel bleiben.
Bereits 2018 hat das Schaffhauser Landwirtschaftsamt zusammen mit der GVS Agrar AG begonnen, mit verschiedenen Partnern eine Vision für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu entwickeln. Als weiteres Engagement ist die Versuchsstation Smarte Technologien zu nennen. Hier geht es vor allem um die Digitalisierung der Landwirtschaft. In Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum der Schweiz für landwirtschaftliche Forschung Agroscope, der Beratungsstelle für die Landwirtschaft, der landwirtschaftlichen Beratungszentrale der kantonalen Fachstellen AGRIDEA sowie mit dem benachbarten Kanton Thurgau und der dort angesiedelten Forschungsstelle Swiss Future Farm werden hier neue Technologien für Acker- und Rebbau entwickelt. Offizieller Beginn des Projekts war im Juni 2021.
«Es geht zum Beispiel darum, Maschinen zu entwickeln, die mithilfe smarter Technologien punktgenau erkennen, wie viel Dünger an welcher Stelle notwendig ist», erklärt Leumann. So liesse sich Dünger sparen, was Ressourcen, Umwelt und den Geldbeutel der Landwirte schone. «Gleichzeitig reduzieren wir Stickstoff-Überschüsse im Boden, die in Form von Nitrat ins Trinkwasser oder als Ammoniak und Lachgas in die Luft entweichen können und zwar ohne Ertragseinbussen». Schliesslich, so betont der Leiter des Landwirtschaftsamts, dürfe man nicht vergessen, dass es am Ende um die Produktion von Nahrungsmitteln gehe. Auch bei durch den Klimawandel bedingten Veränderungen wie Trockenheit oder Starkregen hilft die Digitalisierung. «So ist zum Beispiel zu befürchten, dass wir in 25 bis 30 Jahren im Klettgau Felder und Rebberge künstlich bewässern müssen, um die Erträge von heute zu erzielen», sagt Leumann. Mithilfe datenbasierter Modelle und Drohnen, welche die Bodenfeuchte messen, lasse sich erkennen, wo und wann es Bewässerung tatsächlich brauche.
Um sicherzustellen, dass die neu entwickelten Lösungen in der Praxis funktionieren, wird die neue Technologie nicht nur auf dem Forschungsgelände der Swiss Future Farm getestet, sondern kommt auch auf landwirtschaftlichen Betrieben in den Kantonen Schaffhausen und Thurgau zum Einsatz. Bewährt sich die neue Technologie, soll sie anschliessend in der ganzen Schweiz verbreitet werden.
Inken De Wit
Bis heute unverzichtbar
Regierungsrat Dino Tamagni zur Bedeutung der Landwirtschaft im Kanton
Bis heute prägt die Landwirtschaft das Gesicht unserer Kulturlandschaft ganz entscheidend mit. Ihr Flächenanteil liegt bei rund 44%, und die Schaffhauser Landwirtschaft kennt heute vielfältige Unternehmen, die ökologisch, fortschrittlich und mit moderner Technik für den Markt produzieren.
Noch vor 100 Jahren dominierte im Kanton der Primärsektor. Mit dem Aufschwung der Metallindustrie durchlief die Schaffhauser Landwirtschaft dann aber einen späten, aber radikalen Strukturwandel. Von den mehr als 4000 bäuerlichen Betrieben, die um 1900 bestanden hatten, war Mitte der 1950er-Jahre bereits die Hälfte verschwunden. Heute zählt der Kanton noch rund 500 landwirtschaftliche Unternehmen. Im Vergleich zur übrigen Schweiz sind die Betriebe aber mit rund 32ha überdurchschnittlich gross.
Auch wenn die Landwirtschaft heute nur noch einen geringen Anteil zum gesamten Wirtschafts- und Arbeitsplatzaufkommen beiträgt, ist sie dennoch unverzichtbar. Kein anderer Kanton hat einen solch hohen Anteil an landschaftsprägendem Ackerbau wie der Kanton Schaffhausen. Fast zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind unter dem Pflug. Wie seit jeher ist das Getreide mit 48% Anteil an der offenen Ackerfläche sehr dominant. Mais folgt an zweiter Stelle, danach Raps und Zuckerrübe.
Neben dem Ackerbau hat der Weinbau eine lange Tradition. Erste Nennungen gehen auf das frühe Mittelalter zurück. Die Rebberge des Klosters Allerheiligen am «Heerenberg» in Schaffhausen sind die ältesten, die urkundlich erwähnt wurden. Im Verlaufe der Jahrhunderte war die Geschichte des Rebenanbaus sehr wechselhaft. Sich verändernde wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen führten genauso zu Blütezeiten wie zu Krisen.
Heute gehört der Kanton Schaffhausen mit 472 Hektaren zu den bedeutendsten Weinbauregionen der Deutschschweiz, wovon rund 300 Hektaren Reben im Klettgau zusammenhängend sind und damit das Landschaftsbild massgeblich prägen. Mit 3,6% ist der Anteil der Rebfläche an der landwirtschaftlichen Nutzfläche der höchste in der deutschsprachigen Schweiz.