Alle sind betroffen
Der Ukrainekrieg hat eine weltweite Energiekrise ausgelöst. EKS ON! spricht mit Verwaltungsratspräsident Robert Sala und Martin Kessler, Regierungsrat und Mitglied des Verwaltungsrats, über die Folgen und wie EKS damit umgeht.
Der Winter ist da und viele fürchten sich vor der nächsten Rechnung für Strom und Wärme. Was erwartet die Kundinnen und Kunden von EKS?
Robert Sala: Durch die Unsicherheiten bezüglich europaweiter Verfügbarkeit von Strom und Rückkopplungen zum Gasmarkt sind die Preise in der Schweiz und in Deutschland stark gestiegen. EKS ist als Grundversorgerin im Kantonsbesitz aber sehr langfristig und defensiv vorgegangen und hat sich mit genügend Strom eingedeckt. Die Preissteigerungen bei EKS sind happig, aber noch bezahlbar. Es gibt Energieversorger, die deutlich mehr aufschlagen müssen. Dafür hat es sich noch nie so sehr gerechnet, Strom zu sparen – und dies auch ohne grosse Einbussen an Lebensqualität.
Trifft es Privat- und Industriekunden unterschiedlich hart – oder sitzen alle in einem Boot?
Martin Kessler: Es gilt zu differenzieren. In der Grundversorgung sind alle – egal ob Privat-, Gewerbe- oder Industriekunden – gleichermassen von den Preiserhöhungen betroffen. Wobei sie selbstverständlich für Privathaushalte mit tiefem Einkommen besonders schwer zu verkraften sind. Bei den Betrieben ist die energieintensive Industrie besonders betroffen. Noch härter trifft es Marktkunden ohne langfristige Verträge, die sich mit immensen Strompreiserhöhungen konfrontiert sehen und durchaus in existenzielle Nöte geraten können.
Sala: Allerdings muss man dazu sagen, dass Marktkunden, darunter viele Grossverbraucher und die Industrie, sich der Risiken bei der Beschaffung am freien Markt bewusst sind. Dennoch wäre unbürokratische Hilfe wie bei Corona für einzelne Unternehmen sicher sehr willkommen.
Wie schätzen Sie die Lage allgemein ein? Bleiben die Energiepreise so hoch?
Kessler: Die Lage auf den Märkten ist extrem volatil, getrieben durch den Ukrainekrieg und dessen unberechenbaren Fortgang. Ganz Europa ist auf der Suche nach Alternativen zu russischem Gas. Kohle und Erdöl werden vermehrt zur Stromproduktion eingesetzt. Die Hälfte der französischen Kernkraftwerke ist nach wie vor ausser Betrieb und wie hart oder milde der Winter wird, kann auch niemand voraussagen. Kurzum, ich wage keine Prognose zur Entwicklung der Energiepreise zu machen.
Sofern sich die Schweiz allerdings ernsthaft im Bereich der Energie vom Ausland unabhängiger machen will, muss sie die Stromproduktion aus erneuerbarer Energie deutlich erhöhen. Das ist nicht gratis zu haben und wird sich in höheren Preisen bemerkbar machen.
Hat die Schweiz ausreichend vorgesorgt, um diese Krise zu meistern?
Kessler: Im Gegensatz zu Corona ist die Energiekrise nicht überraschend gekommen. Sie hat sich bereits im vergangenen Jahr mit steigenden Preisen angekündigt. Bund, Kantone aber auch die Unternehmen hatten und haben immer noch Zeit, sich auf die verschiedenen Szenarien vorzubereiten.
Wichtig ist festzuhalten, dass wir zurzeit zwar durchaus eine Energiekrise, aber keinen Energiemangel haben. Die Versorgung mit Strom und Gas ist aktuell sichergestellt. Der Bund hat bereits verschiedene Massnahmen zur Versorgungssicherheit ergriffen. Der Kanton wiederum hat den Stab Energie eingesetzt und zuletzt umfassende Energiesparmassnahmen für die kantonale Verwaltung angeordnet, mit dem Ziel eine Reduktion von 25% zu erreichen.
Sala: Die Strombranche warnt schon lange davor, dass die Projektionen über die Stromverbräuche aus Bundesbern zu optimistisch sind. Vor allem im Winter hat die Schweiz zu wenig eigene Stromproduktion. Durch die Elektrifizierung bei den Personenwagen und die Umstellung von fossilen Heizungen auf Wärmepumpen hat der Stromverbrauch weiter zugenommen. Effizienzsteigerungen wurden durch die gute Konjunktur – und damit steigenden Stromverbrauch – wieder zunichte gemacht. Insofern müssen wir alles tun, was in unseren Möglichkeiten ist, um mehr Strom zu produzieren und gleichzeitig weniger zu verbrauchen.
Mal ganz weg vom Thema Krieg und Krise: Könnten wir die hohen Energiepreise auch als Chance sehen, um bewusster mit Energie umzugehen und so dem Klimawandel entgegenzutreten?
Kessler: Die aktuelle Krise kann tatsächlich zu einem beschleunigten Umbau der Energieversorgung führen und bedeutet damit langfristig eine Chance. Weg von den Fossilen ist nicht nur gut für das Klima, sondern stärkt die Unabhängigkeit der Schweiz, was angesichts der aktuellen geopolitischen Lage mehr als wünschenswert wäre. In diesem Sinne wäre grundsätzlich ein höherer Energiepreis hilfreich, weil dies die Wirtschaftlichkeit vieler Energieprojekte erhöht und gleichzeitig den effizienteren Umgang mit Energie fördert. Doch klar ist auch, dass viele Haushalte und Unternehmen zuerst einmal die aktuelle Situation meistern müssen – und das ist nicht leicht.
Sala: Ja, ich sehe darin ebenfalls auch eine Chance. Wie gesagt werden sich Energiesparmassnahmen bei den höheren Marktpreisen viel schneller amortisieren als zu den historisch tiefen Energiepreisen der vergangenen Jahre. Das wird sicher Investitionen in effiziente und intelligentere Systeme und Anlagen auslösen. Da kann die Schweiz mit ihrer innovativen und starken Wirtschaft und der guten Kaufkraft sicher überproportional profitieren.
Wir müssen als Gesellschaft darüber hinaus aber auch lernen, dass wir nicht den Fünfer und das Weggli haben können. Der Klimawandel lässt sich nicht mehr leugnen. Wir können nicht mehr hoffen, dass die Energiewende sich von selbst einstellt und finanziert. Wir müssen es wollen und Lösungen suchen.