Beim Bauen CO2 versenken
Empa
1. Februar 2024 – Der Bausektor verursacht rund 28 Prozent der CO2-Emissionen in der Schweiz. Weltweit ist die Zement-Herstellung für rund 8 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Hier liegt viel Potenzial, um bis 2050 das Ziel zu erreichen, keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre auszustossen. Gebäude könnten in Zukunft dabei helfen, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu vermindern. Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) hat zu Beginn des Jahres in gleich zwei Mitteilungen über ihre Bemühungen diesbezüglich berichtet.
Kohlenstoff in Baumaterialien
Das «Concrete & Asphalt Lab» der Empa leistet wertvolle wissenschaftliche Vorarbeit. Sie erforscht das Potenzial von CO2-neutralem oder gar CO2-negativem Beton durch das Einbringen von Pflanzenkohle. Diese wird in Form kleiner Kügelchen zu Pellets verarbeitet, ersetzt die üblichen Gesteinskörnungen und wird in den Beton integriert. Aber warum wird der Atmosphäre dadurch Kohlenstoff entzogen? Pflanzenkohle entsteht durch einen Verkohlungsprozess und besteht zu einem sehr grossen Teil aus reinem Kohlenstoff – jenem Kohlenstoff, den die Pflanzen beim Wachsen in Form von CO2 der Atmosphäre entnommen haben. Werden Pflanzen verbrannt, entweicht das CO2 wieder. In der Pflanzenkohle hingegen bleibt es «eingeschlossen». Die Pellets werden in Normalbeton, der für den Hoch- und Tiefbau am meisten genutzten Festigkeitsklassen eingebracht. «Bei einem Anteil von 20 Volumenprozent Kohlenstoffpellets im Beton erreichen wir Netto-Null-Emissionen», wird Empa-Forscher Mateusz Wyrzykowski in der Mitteilung zitiert. Damit kompensiert die gespeicherte Menge Kohlenstoff alle Emissionen, die bei der Produktion der Pellets und des Betons entstehen. Bei Leichtbeton führen 45 Volumenprozent Kohlenstoffpellets sogar zu Negativemissionen.
Gebäude als CO2-Langzeitspeicher
Die Empa und die Eawag, das Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs, betreiben auf dem Campus in Dübendorf ein Innovationsgebäude mit dem Namen NEST. Sogenannte Units können dort für ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf Zeit «einziehen». Die neue Unit «Beyond Zero» soll bis 2026 aufzeigen, wie ein Gebäude als Langzeitspeicher für CO2 funktionieren kann. Das Ziel: einen Schritt weitergehen als Netto-Null – mit Gebäuden, die eine negative CO2-Bilanz verzeichnen, also als CO2-Senke genutzt werden. Reto Largo, Geschäftsführer NEST, sieht ebenfalls grosses Potenzial bei mineralischen Baustoffen wie Beton. Das NEST-Team wird bei seinem Vorhaben von diversen Empa-Laboren unterstützt. Über all dem steht die gross angelegte Empa-Forschungsinitiative «Mining the Atmosphere», bei der es darum geht, der Atmosphäre überschüssiges, vom Menschen verursachtes CO2 wieder zu entziehen.