Das Sportereignis der Schweiz

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Nummerierung / Legende

1 Versorgungsleitungen

Unterirdische Wasserleitungen und Stromkabel entlang der Pisten. Die Wasserleitung für die Schneeerzeuger ist 4,9 Kilometer lang. Die Daten für die TV-Berichterstattung werden über eine 5,5 Kilometer lange Glasfaserverkabelung übertragen.

2 Wengernalpbahn

6 Mio. kWh pro Jahr für den gesamten Winter- und Sommerbetrieb.

3 Speichersee

Fassungsvermögen von 39 000 m3. Der See wird mit Schmelzwasser und überschüssigem Wasser aus Wengen gefüllt.

4 Schneekanonen

30 transportable Schneeerzeuger. In den Wintermonaten sind die Schneeerzeuger zirka 4 000 Stunden in Betrieb. Ihr Energiebedarf beträgt rund 320 000 Kilowattstunden (kWh) inklusive Pumpleistung.

5 Gastronomie

Bis zu 40 Tonnen Lebensmittel und Getränke werden an der Veranstaltung konsumiert.

6 Zieleinlauf

Ziel Abfahrt 1 287 m ü. M.
Ziel Slalom 1 285 m ü. M.

Das Lauberhornrennen ist ein Klassiker. Seit 1930 pilgern Fans des alpinen Skirennsports zu Jahresanfang in die Berner Alpen. Heutzutage ist das spektakuläre Rennen ein Hightech-Event mit Beschneiungsanlage und Präzisions-zeitmesser. EKS ON! hat nachgefragt, wie sich optimale Bedingungen für die Athleten mit dem Schutz der Umwelt vereinen lassen.

Kurz nach dem Jahreswechsel ist es wieder so weit: Warm eingepackt mit Handschuhen, Schal und Mütze harren Tausende am Streckenrand aus, um das Lauberhornrennen auf der weltweit längsten Abfahrt zu erleben. Vom 16. bis 18. Januar 2015 geben sich in Wengen zum 85. Mal die besten Abfahrtsfahrer und Kombinierer ein Stelldichein.

Der beschauliche Ort in 1 274 Metern Höhe unterhalb von Eiger, Mönch und Jungfrau beherbergt dann etwa 200 Sportler mit ihren Teams, rund 450 Medienvertreter aus 17 Ländern und eine Vielzahl an Besuchern. Die meisten der rund 60 000 Zuschauer kommen allerdings nur tagsüber zum Rennen angereist. Dafür müssen sie spätestens ab Lauterbrunnen auf die Wengernalpbahn, eine einspurige Zahnradbahn, umsteigen, um ins knapp vier Kilometer entfernte Wengen zu gelangen. Das Dorf ist autofrei und sorgt damit dafür, dass das Lauberhornrennen in Sachen Mobilität vorbildlich mit Energie umgeht. Von Wengen führen Sesselbahnen weiter den Berg hoch. Einziger Wermutstropfen: Die Helikopter-Taxis, mit denen die Rennfahrer zum Start transportiert werden.

Beschneiungsanlage

Das Abfahrts-Rennen auf den Hängen des Lauberhorns (2 473 Meter) ist mit fast 4 480 Metern das längste des gesamten Ski-Weltcups und stellt auch mit seinem enorm steilen Slalomhang hohe Anforderungen an die Sportler. Zum Teil erreichen die Athleten beim Abfahrts-Rennen Geschwindigkeiten von fast 160 km/h. Entsprechend gut muss die Piste präpariert sein. Das verlangt auch der Internationale Ski-Verband (FIS). Entlang der Rennstrecken sowie der Zubringerpisten stehen daher 30 transportable Schneeerzeuger. «Etwa 70 000 Kubikmeter (m3) Wasser werden für die Produktion von bis zu 150 000 m3 Schnee benötigt», berichtet Marco Luggen, der bei den Jungfraubahnen als Leiter Wintersport tätig ist. Die Anlage wurde 1996 als erste flächendeckende Beschneiungsanlage im Kanton Bern realisiert. Generell kommt in den Schweizer Skiorten die Beschneiungstechnik bald 40 Jahre zum Einsatz, seit es in den Siebzigerjahren einige sehr schneearme Winter gab.

Das Wasser für die Beschneiung stammt vorwiegend aus dem Speichersee Lauberhorn unterhalb des Starthauses, der im Frühling mit Schmelzwasser und überschüssigem Wasser aus Wengen gefüllt wird. Bei Bedarf wird weiteres Wasser von Wengen hochgepumpt.

Zieleinlauf am Lauberhorn
Zieleinlauf am Lauberhorn

Neben den Athleten profitieren auch Hobby-sportler vom Kunstschnee. Rund vier Monate lang sorgt die Anlage am Lauberhorn für eine optimale Schneedecke.

Die Beschneiung schützt zudem den Untergrund und die Pflanzen. «Das ist im subalpinen Raum mit seiner kurzen Vegetationszeit besonders wichtig», erläutert Dr. Roland Luder. Der Biologe berät Wintersportorte in Fragen Natur und Landschaft. «Insgesamt wurde bei der Streckenführung der Piste darauf geachtet, dass sie sich den Gegebenheiten der Landschaft anpasst und die Natur möglichst schützt», erzählt Luder. Dort, wo sich im Winter Top-Athleten beim Weltcup-Klassiker messen, können so im Sommer Kühe weiden.

Sicherheitsstandards

Darüber hinaus wird die Rennstrecke kontinuierlich an die aktuellen Fahrtechniken und Sicherheitsstandards angepasst. Damit die Fahrer beispielsweise auch bei diffusen Lichtverhältnissen die Streckenführung erkennen können, werden die Seitenlinien und Sprünge mit etlichen hundert Litern blauer Lebensmittelfarbe markiert. Netze, AIR Pads und Schaumgummimatten schützen bei Stürzen. Um den Sieger zu ermitteln, kommt Präzisionsmesstechnik zum Einsatz. Die Zeit der Athleten wird mithilfe der Startuhr sowie verschiedener Fotozellen mit Geschwindigkeitsmessung entlang der Strecke und der Zielbildkamera ermittelt.

Medienereignis

Mit rund einer Million Fernsehzuschauern zählen die Lauberhornrennen auch medial zu den sportlichen Highlights im Schweizer Fernsehen. Damit die Zuschauer auch am Bildschirm das Gefühl haben, vor Ort mit dabei zu sein, stehen Kameras entlang der Abfahrtsstrecke und beim Slalom. Diese sind über eine 5,5 Kilometer lange Glasfaserverkabelung zwischen Start und Ziel und weitere sechs Kilometer bis nach Wengen verbunden. Hinzu kommen Kamerakräne und eine Hubschrauberkamera. Darüber hinaus gibt es Videoscreens am Bahnhof Lauterbrunnen und in Wengen und für die Beschallung beim Rennen wurden etwa 120 Lautsprecher installiert.

Verpflegung

Natürlich wird auch für das leibliche Wohl der Zuschauer gesorgt. An sieben Verkaufsstellen entlang der Strecke werden sie vom einheimischen Gewerbe und Vereinen mit Essen und Getränken verpflegt. Ein Grossteil des Erlöses geht in die Nachwuchsförderung. 200 farbige Abfallbehälter im Gelände sollen verhindern, dass der Müll in der Landschaft landet. Entsorgt wird Abfall mit der Bahn nach Lauterbrunnen. In den VIP-Zonen werden alljährlich etwa fünf Tonnen Lebensmittel, 2 000 Flaschen Wein und 12 000 Flaschen Mineralwasser und Süssgetränke für die rund 4 500 geladenen Gäste benötigt. Und zum Abschluss steigt am dritten Renntag nach der Preisverleihung in Wengen in drei Festzelten die grösste Après-Ski-Party der Schweiz.

Inken Heeb

Die Geschichte des Lauberhornrennens

Ernst Gertsch (1900–1986) gilt als «Vater» des Lauberhornrennens. Der rührige Wengener unterzeichnete am 28. November 1929 zusammen mit den Mitbegründern vom Schweizerischen Akademischen Skiclub (SAS) in Bern die Gründungsurkunde des Lauberhornrennens – und legte damit den Grundstein für den alpinen Rennsport in der Schweiz.  Er nahm denn auch am ersten Rennen gleich selbst teil und gewann bei diesem damals kleinen nationalen Spektakel den Slalom. Über die folgenden Jahre baute Gertsch das Rennen aus, knüpfte Kontakte zum Schweizer Skiverband, dem Internationalen Ski-Verband (FIS) und zu anderen europäischen Ländern. Ab 1970 übernahm eine neue Generation mit Viktor Gertsch, dem Sohn des Gründers, und der ehemaligen Skigrösse Fredy Fuchs die Leitung des Events. 2014 übergab Viktor Gertsch die Führung an ein Organisations-Komitee mit Urs Näpflin als Präsidenten und Markus Lehmann als Geschäfts-führer. An Begründer Ernst Gertsch, der am 28. November 1986 starb, erinnert bis heute eine Gedenktafel am Starthaus oben am Lauberhorn.