Digitaler Lifestyle spart Energie
12. September 2024 – Wenn wir im Homeoffice arbeiten, sparen wir Sprit für den Arbeitsweg. Gleichzeitig verbrauchen wir aber zu Hause mehr Energie fürs Heizen, Kochen und für Videocalls. Allein dieses einfache Beispiel wirft die Fragen auf: Sparen wir dank der Digitalisierung nun Energie oder ist eher das Gegenteil der Fall? Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben gemeinsam mit Forschenden der ETH Zürich in einem aufwendigen Rechenmodell die Antwort darauf gesucht. Warum die Digitalisierung ein Segen für die Energietransformation ist, darüber berichtete das PSI in einer Mitteilung vom 30. Juli 2024.
Bis zu 20 Prozent Einsparung
Wenn – wie im erwähnten Beispiel – Einsparungen an einer Stelle zu mehr Verbrauch an einer anderen Stelle führen, spricht man von Rebound-Effekten. Diese werden aber durch effizientere Technologien und Verhaltensänderungen mehr als kompensiert. «Digitale Lifestyles» im Jahr 2050 sparen gegenüber 2020 10 bis 20 Prozent Energie ein, so die Forschenden. «Digitalisierung löst nicht alle Probleme, aber sie unterstützt die Transformation des Energiesystems auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen», sagt PSI Forscher Evangelos Panos.
Sozioökonomische Entscheidungen
Das verwendete Modell ist äusserst umfangreich: Sechs Millionen Gleichungen mit sechs Millionen Variablen bilden das Schweizer Energiesystem und die Wechselwirkungen zwischen Technologien, Energie- und Emissionsträgern sowie Sektoren ab – und das über lange Zeiträume. Das Modell berücksichtigt aber nicht die sozioökonomischen Entscheidungen, die wir Menschen treffen. Um nochmals auf das Beispiel zurückzukommen: Wer im Homeoffice arbeitet, schafft sich vielleicht kein neues Auto mehr an, dafür aber zu Hause eine Wärmepumpe – allerdings nur, wenn er Eigentümer der Immobilie ist. Summiert können all diese Überlegungen sich auf das Energiesystem auswirken. Um auch solche sozioökonomischen Entscheidungen zu berücksichtigen, wurde das Modell mit einem weiteren kombiniert – einem Modell, das abbildet, wie unterschiedlich die Entscheidungsprozesse der Akteurinnen und Akteure sind. Damit konnten Synergien und Wechselwirkungen energiesparender digitaler Dienstleistungen und Praktiken analysiert werden. Gemeinsam, im gegenseitigen Austausch, erzeugen die beiden Modelle ein realistisches Bild vom Wechselspiel zwischen Gesellschaft und Technologie.
Psychologische Effekte
In Zukunft sollen noch realistischere Modelle auch Erkenntnisse aus der Psychologie aufnehmen. Denn für die Transformation des Energiesystems braucht es soziale Veränderungsprozesse. Evangelos Panos sagt zu dieser Generation von Modellen: «Der Politik wird ein einzigartiges Instrument an die Hand gegeben, um ihre Entscheidungen zu unterstützen und soziale Aspekte stärker zu berücksichtigen, denn Technologie allein ist nicht die Lösung.»