Es wird immer komplizierter
Das EKS Stromnetz zieht sich kreuz und quer über die deutsch-schweizerische Grenze und versorgt seit 1908 Haushalte in beiden Ländern. Unterschiedliche regulatorische Anforderungen und Gesetze stellen das Team vom Bereich Netz der EKS jedoch vor etliche Herausforderungen, wie ihr Leiter Markus Niedrist berichtet.
Was ist das Besondere am Stromnetz der EKS?
Markus Niedrist: Als eines der wenigen Energieversorgungsunternehmen der Schweiz haben wir Kundinnen und Kunden in der Schweiz und in Deutschland. Von unseren gut 1400 Kilometern Stromnetz befinden sind fast 400 Kilometer in Deutschland und wir haben 36 grenzüberschreitende Leitungen.
Welche Herausforderungen bringt das mit sich?
Wir müssen zwei uns überwachenden Regulatoren mit komplett unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden – der Landesregulierungsbehörde von Baden-Württemberg und der ElCom, der Eidgenössischen Elektrizitätskommission. Das heisst, wir müssen Dinge zusammenbringen, die eigentlich nicht zusammengehen und es wird immer komplizierter.
Wie muss man sich das vorstellen?
Als sehr anspruchsvoll (lacht). Zum Beispiel bei den Netzkosten ist es so, dass diese in der Schweiz stets mit anderen Verteilnetzbetreibern vergleichbar sein müssen. Wir können also nicht deutlich höhere oder niedrigere Netzkosten als unsere Mitbewerber ansetzen. In Deutschland dürfen wir uns hingegen nicht an den Netzkosten anderer Betreiber orientieren. Stattdessen ermittelt zunächst die Landesregulierungsbehörde unsere bisherigen Kosten und gibt uns dann für einen Zyklus von fünf Jahren vor, wie hoch unsere Gebühren sein dürfen. Ausserdem schreibt die Behörde vor, dass wir unsere Kosten innerhalb dieser fünf Jahre senken müssen. Die Regulatoren in Deutschland sind also viel strenger, für EKS aufwändiger und nehmen grösseren Einfluss auf unsere Preisgestaltung.
Gibt es weitere Unterschiede?
Ja, ganz viele. Es gibt in beiden Ländern zum Beispiel unterschiedliche Gesetze für Elektroinstallationen. Die Notfallprozesse bei einem Netzausfall sind ebenfalls verschieden.
Wie ging es Ihnen mit der plötzlichen Grenzschliessung 2020 aufgrund der Corona-Pandemie? Gab es dadurch zusätzliche Schwierigkeiten, zum Beispiel bei der Wartung der Netze?
Die Grenzschliessung hatte direkte Auswirkungen auf unsere Arbeit. Damit wir weiterarbeiten konnten, haben wir sofort den Kontakt mit den Behörden auf beiden Seiten der Grenze aufgenommen und unsere Situation erklärt. Wir wurden dann in die sogenannten «Green Lanes» mitaufgenommen. Diese Green Lanes wurden für die Polizei, Feuerwehr und Ambulanz eingerichtet, damit sie die Grenze im Notfall passieren konnten. Jeder Grenzübertritt musste telefonisch angemeldet werden und wir mussten uns von sämtlichen politischen Behörden inklusive dem Regierungspräsidium Freiburg Passierbescheinigungen für unsere Mitarbeitenden besorgen.
EKS rüstet aktuell seine Kundinnen und Kunden mit intelligenten Messeinrichtungen aus. Gibt es auch da unterschiedliche Vorgaben für beide Länder?
In der Tat. In der Schweiz müssen 80 % aller Kundinnen und Kunden bis 2027 über intelligente Messsysteme verfügen, damit sie ihren Stromverbrauch jederzeit, zum Beispiel auf dem Handy, ablesen können. In Deutschland sind solche intelligenten Messeinrichtungen nur für Haushalte mit einem Verbrauch von mehr als 6000 Kilowattstunden (kWh) vorgesehen. Da der Durchschnittsverbrauch bei 4000 kWh liegt, müssen wir bei den meisten unseren deutschen Kundinnen und Kunden nur Messeinrichtungen installieren, welche die Daten der zurückliegenden Monate speichern. Auf Anfrage können wir so Verbrauchsdaten zur Verfügung stellen.
Welche weiteren Neuerungen im Bereich Netz erwarten die Kundinnen und Kunden beider Länder in den kommenden Jahren?
Wir sind neben dem Einbau intelligenter Messsysteme an diversen Projekten dran, um die Versorgungssicherheit weiter zu verbessern. Unter anderem erhöhen wir in der Region Klettgau sukzessive die Spannung von 50 auf 110 Kilovolt (kV). Dadurch wird die Kapazität der Leitungen verdoppelt und die Verlustleistung markant verringert. Dies ist wichtig vor allem mit Blick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und den steigenden Bedarf, unter anderem durch die Elektrifizierung der Fahrzeuge. Zwischen Neuhausen und Wilchingen verlegen wir die Leitung in den Boden. Erdkabel sind besser geschützt. Bei Sturm kann so kein Ast oder umgestürzter Baum mehr zu einem Stromausfall führen. Ausserdem kommt dies dem Landschaftsbild zugute. Gleichzeitig werden weitere Verkabelungen im gesamten Versorgungsgebiet zeitnah umgesetzt.
(idw)