Auf dem Holzweg
Holzhäuser sind keineswegs passé. Mit Blick auf den Aspekt der Nachhaltigkeit nimmt ihre Beliebtheit sogar zu. Und die Wissenschaft findet neue Möglichkeiten, damit Bauen mit Holz noch vielseitiger wird.
Holz ist ein Uraltwerkstoff, der allen Bautrends zum Trotz nie aus der Mode gekommen ist. Rustikale Chalets aus Holz sind bis heute im gesamten Alpenraum anzutreffen und vor allem als Ferienhäuser sehr beliebt. Mit Holz lassen sich jedoch nicht nur traditionelle Häuser bauen. In Biel wurde gerade im Oktober 2019 der futuristisch anmutende Hauptsitz von Swatch eingeweiht. Der 240 Meter lange, schlangenförmige Bau des japanischen Architekten Shigeru Ban ist eines der grössten Holzgebäude der Welt. In Sevilla überspannt eine gigantische, hölzerne Wabenstruktur wie ein Sonnenschirm einen Platz in der Altstadt. Am Meer nahe Helsinki steht seit 2016 eine hölzerne Sauna im Maxiformat von Stararchitekt Ville Hara, deren tausende Bretter im Lauf der Zeit ergrauen und sich so den Granitfelsen der Küste anpassen.
Auch die Wissenschaft setzt sich intensiv mit dem Material Holz auseinander. «Holz bietet fantastische Möglichkeiten», sagt Ingo Burgert. Der Wissenschaftler erforscht in einer Brückenprofessur an der ETH Zürich und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) den Werkstoff Holz. Gemeinsam mit anderen Forschenden stellte er letztes Jahr eine Methode vor, mit der sich Holz wie von Zauberhand verbiegen lässt. Dadurch wird eine ganz neue Formensprache möglich. Die Wissenschaftler entfernen dazu aus dem Holz das Lignin, das die Holzzellwände stabilisiert, ohne die ursprüngliche Holzstruktur aufzulösen.
Neben der Entwicklung neuer holzbasierter Materialien möchte Burgert mit seiner Arbeit vor allem die Eigenschaften von Holz verbessern. Um zum Beispiel die Brennbarkeit zu verringern, mineralisiert seine Forschungsgruppe Holz. Oder sie arbeitet an Hybridmaterialien aus einem Holz- und Betonverbund für Gebäudedecken. «Indem wir die Holzeigenschaften verbessern, können wir den Holzbau unterstützen», erklärt er.
Neben den vielseitigen Einsatzmöglichkeiten ist für den Holzexperten der Aspekt der Nachhaltigkeit der wichtigste. «Eine nachhaltige Gesellschaft muss mehr Holz nutzen», sagt Burgert. Zum einen bleibe das vom Baum aufgenommene CO2 durch das Verbauen langfristig gespeichert, zum anderen könne Holz als nachwachsender Rohstoff direkt vor Ort in der waldreichen Schweiz gewonnen werden. Selbst ein Holzhaus, das abgerissen werde, könne noch als Brennstoff dienen. Allerdings müsse man mit Blick auf den Klimawandel prüfen, welche Baumarten künftig am besten in der Schweiz angepflanzt werden sollten. (idw)